JA zur Veränderung | Ja-Impulse
JA zur Veränderung
Eine selbst gewählte Veränderung mag herausfordernd sein, aber dazu haben wir schon zum Start JA gesagt. Was aber, wenn eine Veränderung ungefragt vor der Tür steht?
Veränderungsbereit?
Auf die Frage, ob sie veränderungsbereit sind, würden – vor allem im beruflichen Umfeld – viele mit Ja antworten. Weil es politisch korrekt ist. Weil Veränderungsbereitschaft einfach erwartet wird. Wer will schon als rückständig und eingefahren gelten?
In Wahrheit gibt es kaum jemand, der überall und jederzeit ganz easy und locker mit Veränderungen umgeht.
Unser Gehirn liebt keine Veränderung
Das Bekannte, Alltägliche ist tief in unseren neuronalen Strukturen verankert. Breite Autobahnen des Gewohnten, die wir sehr leicht befahren können.
Je größer eine Veränderung ist, je mehr sie uns aus unserer Komfortzone herausrüttelt, je mehr Sorgen und Ängste sie in uns auslöst – desto größer und aufwändiger ist der notwendige Umbauprozess in unseren Gehirnstrukturen.
Das Bekannte hinter uns lassen. Uns neuen Herausforderungen stellen. Die ganze emotionale Wucht verarbeiten, die damit einhergehen kann. Neues lernen. Scheitern. Aufstehen. Weiter ausprobieren. Daneben das normale Leben am Laufen halten.
Das ist eine ganz schöne Aufgabe, die da von uns gefordert wird.
Wo geht der Weg lang?
Modelle, wie Veränderungsprozesse ablaufen, gibt es in der Organisationsberatung und der psychologischen Praxis viele. Ich arbeite sehr gerne mit den „Phasen der emotionalen Entwicklung in einem Veränderungsprozess“, das aus den langjährigen Forschungsarbeiten der bekannten Trauerforscherin Elisabeth Kübler-Ross hervorgegangen ist.
Wie Veränderungen emotional bewältigt werden können
1. Der Schock
Veränderungen kommen auch gerne einmal ungefragt auf uns zu. Die Trennung vom Partner, ein lieber Mensch stirbt, am Arbeitsplatz kommt es zu Umstrukturierungen oder wir verlieren sogar unseren Job.
Auch wenn wir es „eigentlich“ schon länger hätten kommen sehen können – steht die Veränderung plötzlich vor der Tür, ist der Schreck oft groß. Was nun? Wie soll es weitergehen?
2. Die Verneinung
Auch vernünftige Menschen können jetzt in einen Zustand des Nicht-Wahrhaben-Wollens geraten. Das kann doch nicht sein! Das renkt sich bestimmt wieder ein!
Verleugnung und Verdrängung. Durchaus notwendig, da die Wucht der Emotionen ungefiltert auf einen Schlag zu viel sein könnte.
3. Der Widerstand
Das Problem, die Situation verschwindet nicht einfach. Wir merken, wir können sie nicht bloß aussitzen. Aber wir wollen das einfach nicht haben! Wir leisten Widerstand, sperren uns gegen jede Neuerung, wollen am liebsten den Status quo aufrecht erhalten.
Selbst wenn wir mit dem Bisherigen auch nicht glücklich waren, scheint es doch plötzlich so viel sicherer zu sein als das unbekannte Neue.
4. Das Tal der Tränen
Der Tiefpunkt. Erschütterung. Verzweiflung. Kein Licht am Ende des Tunnels in Sicht.
Eine sehr schwere Phase, in denen die Gefühle Achterbahn fahren und es sich manchmal anfühlt, als sei alles vollkommen aussichtslos.
5. Die Akzeptanz
Langsam beginnen wir, die Situation anzunehmen. Möglicherweise, uns in etwas Unabänderliches zu fügen. Den inneren Widerstand gegen das Neue aufzugeben.
Ein erster Hoffnungsschimmer, neue Zuversicht. Wie ein Grashalm, der sich nach einem Waldbrand langsam aus dem Boden Richtung Licht herausarbeitet.
6. Das Lernen und Ausprobieren
Jetzt geht’s ans Werk. Ok, das Neue steht nicht mehr vor der Tür, wir sind schon mitten drin. Nun müssen wir neue Erfahrungen machen, uns Wissen aneignen, unser Verhalten anpassen, Dinge ausprobieren.
Manches wird funktionieren, manches nicht. Try and error.
Als lebens- und berufserfahrene Person manchmal eine seltsame Zeit. Ganz von vorne anfangen. Nicht mehr der ‚alte Hase‘ sein, sondern ein Anfänger. Jetzt braucht es vor allem Selbst-Vertrauen, um auch gut mit Rückschlägen umgehen zu können.
Aber die Lernkurve zeigt steil nach oben, wenn wir dranbleiben.
7. Die Erkenntnis
Jetzt bauen wir für die neue Routine auch neue Gehirnautobahnen. Erlangen Sicherheit und Erfahrung. Bauen unser Wissen und unsere Handlungskompetenz aus.
Angekommen!
8. Die Integration
Lektion gelernt. Das Alte gewürdigt für das, was es war. Ein tieferes Verständnis erlangt, über sich und das Ganze.
Losgelassen, angenommen.
Veränderung braucht Zeit
Wenn wir uns diesen Prozess anschauen: Ist es da verwunderlich, dass Veränderungen Zeit brauchen?
Die wir uns in dieser schnelllebigen Zeit nicht lassen oder auch von außen nicht bekommen.
Es scheint wichtig, möglichst schnell wieder zu funktionieren. Bussiness as usual. Weitermachen, als wenn nichts gewesen wäre.
Auch in den Unternehmen ist das gang und gäbe. Ein Veränderungsprojekt jagt das nächste, oft laufen mehrere gleichzeitig ab. Der Veränderungsdruck wächst ständig: Digitalisierung, Time to Market, Strukturwandel, Produktinnovationen. Es ist klar, dass ein Unternehmen hier mithalten will und muss, will es längerfristig am Markt bestehen.
Dazu werden dann gerne die Instrumente des ‚Changemanagement‘ eingesetzt, um den Wandel möglichst geplant und gesteuert vollziehen zu können. Studien zeigen jedoch, dass bis zu 70% aller Veränderungsprojekte nicht zum erhofften Ziel führen. Ein Thema, das weit über diesen JA-Impuls hinausgeht und mit dem ich mich in meiner Organisationsberatung unter dem Blickwinkel »Resiliente Organisation« beschäftige.
Für mich sage ich: JA zur Veränderung.
Auch wenn ich sie mir nicht unbedingt bestellt hätte. Aber wenn sie anklopft, ist es besser, sie freundlich hereinzubitten und mich nicht allzu lange in Verneinung, Widerstand und im Tal der Tränen dagegen zu wehren und abzukämpfen. Meine Energie lieber in den Umbau zu investieren. Das habe ich inzwischen besser aus manchen quälend langen „Ich-kämpfe-dagegen-an“-Perioden meines Lebens gelernt. Manchmal klappt das auch schon ganz gut 🙂